Die Lebensalter: junges Mädchen, Ehefrau/Mutter, Witwe

In der mittelalterlichen normativen Literatur wird das Leben der Frau in drei Phasen eingeteilt, die mit bestimmten, sehr klaren Rollen verbunden sind: die Zeit als junges Mädchen (oder auch Jungfer/ Jungfrau), die Zeit als Gattin und Mutter und schließlich die Zeit als Witwe.

 

In ihrer Jugend, also in der ersten Lebensphase, stand die Frau unter der Vormundschaft ihres Vaters, welcher für ihr Benehmen und für ihre Taten verantwortlich war. Vor Gericht vertrat er sie (eine Frau konnte dort in der Regel nicht auftreten, da sie nicht rechtsfähig war; in der zweiten Lebensphase würde ihr Mann die Verantwortung für sie tragen). Die Zeit im Haus des Vaters stand im Zeichen der Vorbereitung auf ihr späteres Leben als Ehefrau und Mutter. Alles Notwendige hierfür sollte ihr von der Mutter beigebracht werden.

 

Wenn dann der Moment der Vermählung gekommen war, siedelte die Jungfer, die nun zur Frau wurde, in den Haushalt ihres Gatten um. Es ist schwierig zu sagen, in welchem Alter geheiratet wurde, da dies standesabhängig war. Im Hochadel wurden Töchter mitunter sehr früh, sogar schon im Kindesalter verheiratet (so heiratete Isabelle, Tochter des französischen Königs Charles VI im Alter von nur sechs Jahren den verwitweten König von England, Richard II). Solche Ehen dienten natürlich politischen Verbindungen.