Strafen im Mittelalter

 

Das Rechtssystem des Mittelalters kannte zwei Rechtsprinzipien, die nebeneinander bestanden, obwohl sie aus völlig unterschiedlichen Traditionen stammten: das kanonische und das weltliche Recht. Kanonisches Recht ging auf römisches Recht zurück, das weltliches Recht auf Stammesrecht.

 

Beide Rechtssysteme des Mittelalters kannten unterschiedliche Strafen für Verstöße gegen geltende Gesetze. Generell ist festzuhalten, dass die gesamte Epoche zwar kein rechtsfreier Raum war, jedoch zum Teil sehr weit von unserem heutigen Rechtsverständnis entfernt angesiedelt ist.

 

Dies wird vor allem deutlich durch die verschiedenen Arten von zum Teil drakonischen Strafen sowie auch durch das verhängte Strafmaß, das aus einem modernen Blickwinkel vielfach unmenschlich erscheint.

 

Grundlegendes zu Foltermethoden

Die Folter wird auch Tortur, peinliche Befragung und scharfe Frage genannt.

Gefoltert wurde im Mittelalter, um von Verdächtigen ein Geständnis zu erlangen. Ob dieses Geständnis dann auch der Wahrheit entsprach, konnte nicht geklärt werden, da man unter Folter fast immer gestand, egal was einem vorgeworfen wurde. Und wenn auf das Vergehen die Todesstrafe stand, so entschied sich der Gefolterte oft für ein Geständnis, um nicht noch länger der Folterung ausgeliefert zu sein.

Gefoltert wurde unter Ausschluss der Öffentlichkeit, was die Phantasie bezüglich der Folterinstrumente anregte.

 

Unterschied zwischen Folter und Bestrafung

Im Folgendem stellen wir verschiedene Foltermethoden vor. Es muss unterschieden werden zwischen Foltermethoden und Bestrafungen. Foltermethoden wurden angewandt, um einem Verdächtigen ein Geständnis zu entlocken. Bestrafungen wurden angewandt, um einen Überführten seine „gerechte“ Strafe zuzufügen. Unter Strafen wird nochmals unterschieden in Ehrenstrafen, Leibesstrafen und Hinrichtungen. Ehrenstrafen zielen darauf ab, die Ehre des Verurteilten zu schädigen. Mit Leibesstrafen fügt man dem Verurteilten körperliche Schmerzen und Verstümmelungen zu. Und Hinrichtungen haben vorsätzlich den Tod des Verurteilten zur Folge.

Die Durchführung der Folter und der Bestrafungen wurde vom Henker vollzogen. Andere Wörter für den Henker sind übrigens Scharfrichter, Freimann, Züchtiger und Schinder.

 

 

Geldstrafen

Geldstrafen spielten – ebenso wie die Freiheitsstrafen – eine nur geringe Rolle in der Rechtsprechung des Mittelalters. Wurden Geldstrafen verhängt, so dienten diese der Genugtuung des Geschädigten oder hatten die Funktion des Schadenersatzes. So wurden etwa kleinere Straftaten wie unerlaubtes Sammeln von Brennholz sowie nicht genehmigte Nutzung von Weideland mit Geldstrafen belegt, die an den Grundherrn zu zahlen waren. Darüber hinaus konnte ein Schuldspruch den Verurteilten ebenfalls zu Zahlungen verpflichten, die gemeinnützigen Zwecken zugeführt wurden.

 

Todesstrafen

Mord, Raub, Brandstiftung und Vergewaltigung gehörten zu den Kardinalverbrechen, die mit dem Tode bestraft wurden. Doch auch Delikte wie Entführung, Sodomie, Diebstahl und Raub, Aufruhr und Verrat, Vergiftung sowie Ketzerei wurden häufig mit dem Tode bestraft. Auch eine Anklage wegen Zauberei konnte mit einem Todesurteil enden. Die Vollstreckung des Urteils war zunächst Sache des erfolgreichen Klägers, im Falle einer verhängten Todesstrafe übernahmen dies später die Henker. Der Vollzug eines Todesurteils war ein öffentliches Spektakel, bei dem der mittelalterliche Zeitgenosse selbstverständlich zugegen war. Die Delinquenten wurden zumeist am Galgen gehängt, in England hatte sich daneben auch die Vierteilung als Methode eingebürgert. In Fällen, bei denen die Delikte todeswürdig waren, die Todesstrafe aber aus unterschiedlichen Gründen nicht verhängt wurde, entschieden sich die Richter häufig für die Strafmaßnahme des Ausstechens der Augen.

 

Verstümmelungsstrafen

Zu den sogenannten Leibesstrafen zählte das Verstümmeln einzelner Körperteile. Diese körperlichen Strafmaßnahmen waren oft dergestalt, dass sie das begangene Vergehen widerspiegelten. So wurde etwa einem Dieb oder Räuber die Hand abgehauen. Abstufungen dieser Strafe wurden in Abhängigkeit zur Schwere der Tat vorgenommen. So wurden etwa kleinere Diebstähle mit der Amputation von Fingergliedern geahndet. Weitere Verstümmelungsstrafen waren das Abschneiden der Füße, was jedoch eine ausgesprochen seltene Maßnahme war. Häufig zu verzeichnen waren dagegen das Abschneiden von Nase, Ohren oder Zunge sowie die Brandmarkung. Als eine der gefürchtetsten Strafen galt die Blendung der Augen.